Auf der Flucht aus dem verschneiten
Albarracin und dem kompletten verregneten Spanien stolperten wir über Sintra/Cascais,
ein Bouldergebiet in Portugal mit Granitfelsen in dschungelähnlichen Wäldern. Das
Pdf-Topo gibt es zum Herunterladen für 10€ und wir fanden ganz ansprechende
Bouldervideos im Netz. Das tolle an der Sache, es liegt direkt am Meer, Lissabon
ist nicht weit entfernt, Sintra ist Weltkulturerbestadt und das Wetter ist mit
10-15 Grad einem Wechsel aus wolkigen und absolut sonnigen Tagen nahezu
perfekt. Wir schliefen eine Nacht darüber, denn schließlich muss man dorthin
900 Kilometer fahren. Moritz hatte ein eher schlechte Bauchgefühl, denn wir kennen
niemanden, der schon dort war, Granit ist scharf, auf den Videos sehen die
Ausstiege schon recht vermoost aus und es ist weit zu fahren. Julia war voll
begeistert, denn sie war noch nie in Portugal. Bouldern im verträumten Wald,
Märchenschlösser, Strand, Sonne, Meer und Lissabon. Das kann doch nur gut sein.
Moritz ließ sich breit schlagen und so fuhren wir los.
Am späten Abend kamen wir in der
verrückten Stadt Sintra an, wo sich die Sehenswürdigkeiten nur so vor uns aufreihten
und der Wald sich tatsächlich als Dschungel entpuppte. Bloß die Boulder wollten
sich nicht so einfach finden lassen. Wir landeten auf einem Waldweg, der umso
schlechter wurde je länger wir fuhren. Irgendwann hatten wir Mitleid mit
unserem guten Forsche, drehten wieder um und übernachteten im Wald mit Blick
aufs Meer. Am Morgen suchten wir weiter nach den Blöcken vom Sektor "Albarrasintra"
und fanden sie einfach nicht. Dezent genervt fuhren wir durch die verwinkelten
Gassen von Sintra auf der Suche nach einem Internetcafe, Kletterladen oder
einem portugiesischen Boulderer. Am Ende beschlossen wir nach Cascais zu fahren
und einen Campingplatz zu suchen. Unsere Laune wurde nicht besser, denn die
Portugiesen sind noch wildere Autofahrer als alle Spanier und Italiener
zusammen, noch dazu war unsere Uschi (das Navi) ziemlich desorientiert.
Irgendwie schafften wir es aber einen McDonalds mit Internet zu finden.
Am Strand "Guincho" bei Cascais |
Wir fanden den Campingplatz,
einige Infos zu den Sektoren in Sintra, verbrachten den Rest des Tages am
Strand "Guincho" und waren wieder etwas zuversichtlicher, dass das
ganze doch kein Griff ins Klo war. Am nächsten Tag suchten wir aufs neue
ergebnislos "Albarrasintra" auf schlechten Waldwegen und fanden zum
Glück zufällig den Sektor "Peninha". Naja wenn man das direkt vor der
Haustür hat ist das schon nicht schlecht, aber extra dafür hierher fahren oder
gar fliegen würden wir bestimmt nicht nochmal. Wir haben weit und breit keinen
Boulderer gefunden und so sehen auch die Boulder aus. Am nächsten Tag fanden
wir wieder eher zufällig den Sektor "Malveira", weil am Straßenrand
ein Camper von französischen Kletterern stand. Auch die beiden Franzosen
suchten schon den zweiten Tag nach Bouldern und hatten noch niemanden sonst
getroffen.
Der unterirdische Turm von Sintra |
In "Peninha" liegen
teilweise umgefallene Bäume über den Blöcken, überall sind heruntergefallene
Äste, die Blöcke sind in beiden Gebieten vermoost, die Pfade zu und um die
Blöcke sind besonders in "Malveira" teilweise komplett mit Disteln
zugewuchert, Chalk findet man teilweise, der ist dann aber schon sehr alt. Die
Zufahrtsstraßen auf denen im Topo die Parkplätze der einzelnen Sektoren
eingezeichnet sind, sind so schlecht, dass man maximal mit Allradantrieb darauf
fahren kann. Wir beschlossen uns ein paar Tage in der Gegend zu erholen,
verbrachten viel Zeit am Meer, Moritz angelte und wir kochten fast jeden Abend
lecker Meeresfrüchte, die es hier sogar im Lidl in riesiger Auswahl gibt. Wir
gönnten uns ein wenig Luxus und blieben die ganze Zeit auf dem Campingplatz,
der eine unglaublich heiße Dusche hat und mit 13€ pro Nacht (2 Personen+Auto)
der bisher günstigste unseres Europatrips war. Hier wurden wir dann auch zu
richtigen Touristen. Wir fuhren zum Glück mit dem Zug nach Lissabon und
flanierten den ganzen Tag bergauf und bergab durch die schöne Innenstadt. In
Sintra spazierten wir auf über- und unterirdischen Gängen durch Grotten und
umgedrehte Türme des verwunschenen märchenhaften Parks der Quinta da Regaleira.
Blick über Lissabon |
Nach 6 Tagen ohne Bouldern
kribbelten dann doch unsere Finger und so fuhren wir auf Empfehlung der beiden
Franzosen in den Sektor "Capuchos". Wir fanden den Sektor auf Anhieb
und trafen auch wieder die beiden Franzosen. Die hatten tatsächlich am
Wochenende 3 Lokals in eben diesem Gebiet getroffen. Wir sind ja überzeugt,
dass alle Lokals hier kein Crashpad auf dem Rücken, sondern ein Surfbrett
unterm Arm tragen. Von den 3 Sektoren, die wir gesehen haben, ist dieser
definitiv der beste. Die leichten Sachen sind immer Platten und das Stehen auf krümelnden Tritten
sehr gewöhnungsbedürftig, das Bouldern dort kostet viel Haut und viel Gummi. Es
gibt Boulder ab dem 4. Grad, aber es ist kein schönes Anfängergebiet. Sintra
ist für uns kein Boulder- sondern definitiv ein Surfspott. Wer surfen, am Meer
relaxen, mountainbiken oder Kultururlaub und nebenher etwas bouldern will, dem
wird es sicherlich gefallen. Nach 5 Monaten bouldern in Weltklasse Gebieten hat
uns Sintra ziemlich enttäuscht. Deswegen fuhren wir am 28.11. ohne auch nur ein
Boulderfoto geschossen zu haben zurück in unser neues Lieblingsgebiet
Albarracin und begaben uns damit auch auf die erste Etappe gen Heimat.