Eine siebenmonatige Reise zu den besten Blöcken in Südafrika und Europa

Sonntag, 8. Dezember 2013

Crashpad auf dem Rücken, statt Surfbrett unterm Arm

Auf der Flucht aus dem verschneiten Albarracin und dem kompletten verregneten Spanien stolperten wir über Sintra/Cascais, ein Bouldergebiet in Portugal mit Granitfelsen in dschungelähnlichen Wäldern. Das Pdf-Topo gibt es zum Herunterladen für 10€ und wir fanden ganz ansprechende Bouldervideos im Netz. Das tolle an der Sache, es liegt direkt am Meer, Lissabon ist nicht weit entfernt, Sintra ist Weltkulturerbestadt und das Wetter ist mit 10-15 Grad einem Wechsel aus wolkigen und absolut sonnigen Tagen nahezu perfekt. Wir schliefen eine Nacht darüber, denn schließlich muss man dorthin 900 Kilometer fahren. Moritz hatte ein eher schlechte Bauchgefühl, denn wir kennen niemanden, der schon dort war, Granit ist scharf, auf den Videos sehen die Ausstiege schon recht vermoost aus und es ist weit zu fahren. Julia war voll begeistert, denn sie war noch nie in Portugal. Bouldern im verträumten Wald, Märchenschlösser, Strand, Sonne, Meer und Lissabon. Das kann doch nur gut sein. Moritz ließ sich breit schlagen und so fuhren wir los.

Schnee auf der Sierra d´Albarracin (die ersten 150 km)
Am späten Abend kamen wir in der verrückten Stadt Sintra an, wo sich die Sehenswürdigkeiten nur so vor uns aufreihten und der Wald sich tatsächlich als Dschungel entpuppte. Bloß die Boulder wollten sich nicht so einfach finden lassen. Wir landeten auf einem Waldweg, der umso schlechter wurde je länger wir fuhren. Irgendwann hatten wir Mitleid mit unserem guten Forsche, drehten wieder um und übernachteten im Wald mit Blick aufs Meer. Am Morgen suchten wir weiter nach den Blöcken vom Sektor "Albarrasintra" und fanden sie einfach nicht. Dezent genervt fuhren wir durch die verwinkelten Gassen von Sintra auf der Suche nach einem Internetcafe, Kletterladen oder einem portugiesischen Boulderer. Am Ende beschlossen wir nach Cascais zu fahren und einen Campingplatz zu suchen. Unsere Laune wurde nicht besser, denn die Portugiesen sind noch wildere Autofahrer als alle Spanier und Italiener zusammen, noch dazu war unsere Uschi (das Navi) ziemlich desorientiert. Irgendwie schafften wir es aber einen McDonalds mit Internet zu finden.

Am Strand "Guincho" bei Cascais
Wir fanden den Campingplatz, einige Infos zu den Sektoren in Sintra, verbrachten den Rest des Tages am Strand "Guincho" und waren wieder etwas zuversichtlicher, dass das ganze doch kein Griff ins Klo war. Am nächsten Tag suchten wir aufs neue ergebnislos "Albarrasintra" auf schlechten Waldwegen und fanden zum Glück zufällig den Sektor "Peninha". Naja wenn man das direkt vor der Haustür hat ist das schon nicht schlecht, aber extra dafür hierher fahren oder gar fliegen würden wir bestimmt nicht nochmal. Wir haben weit und breit keinen Boulderer gefunden und so sehen auch die Boulder aus. Am nächsten Tag fanden wir wieder eher zufällig den Sektor "Malveira", weil am Straßenrand ein Camper von französischen Kletterern stand. Auch die beiden Franzosen suchten schon den zweiten Tag nach Bouldern und hatten noch niemanden sonst getroffen.

Der unterirdische Turm von Sintra
In "Peninha" liegen teilweise umgefallene Bäume über den Blöcken, überall sind heruntergefallene Äste, die Blöcke sind in beiden Gebieten vermoost, die Pfade zu und um die Blöcke sind besonders in "Malveira" teilweise komplett mit Disteln zugewuchert, Chalk findet man teilweise, der ist dann aber schon sehr alt. Die Zufahrtsstraßen auf denen im Topo die Parkplätze der einzelnen Sektoren eingezeichnet sind, sind so schlecht, dass man maximal mit Allradantrieb darauf fahren kann. Wir beschlossen uns ein paar Tage in der Gegend zu erholen, verbrachten viel Zeit am Meer, Moritz angelte und wir kochten fast jeden Abend lecker Meeresfrüchte, die es hier sogar im Lidl in riesiger Auswahl gibt. Wir gönnten uns ein wenig Luxus und blieben die ganze Zeit auf dem Campingplatz, der eine unglaublich heiße Dusche hat und mit 13€ pro Nacht (2 Personen+Auto) der bisher günstigste unseres Europatrips war. Hier wurden wir dann auch zu richtigen Touristen. Wir fuhren zum Glück mit dem Zug nach Lissabon und flanierten den ganzen Tag bergauf und bergab durch die schöne Innenstadt. In Sintra spazierten wir auf über- und unterirdischen Gängen durch Grotten und umgedrehte Türme des verwunschenen märchenhaften Parks der Quinta da Regaleira.

Blick über Lissabon
Nach 6 Tagen ohne Bouldern kribbelten dann doch unsere Finger und so fuhren wir auf Empfehlung der beiden Franzosen in den Sektor "Capuchos". Wir fanden den Sektor auf Anhieb und trafen auch wieder die beiden Franzosen. Die hatten tatsächlich am Wochenende 3 Lokals in eben diesem Gebiet getroffen. Wir sind ja überzeugt, dass alle Lokals hier kein Crashpad auf dem Rücken, sondern ein Surfbrett unterm Arm tragen. Von den 3 Sektoren, die wir gesehen haben, ist dieser definitiv der beste. Die leichten Sachen sind immer Platten und das Stehen auf krümelnden Tritten sehr gewöhnungsbedürftig, das Bouldern dort kostet viel Haut und viel Gummi. Es gibt Boulder ab dem 4. Grad, aber es ist kein schönes Anfängergebiet. Sintra ist für uns kein Boulder- sondern definitiv ein Surfspott. Wer surfen, am Meer relaxen, mountainbiken oder Kultururlaub und nebenher etwas bouldern will, dem wird es sicherlich gefallen. Nach 5 Monaten bouldern in Weltklasse Gebieten hat uns Sintra ziemlich enttäuscht. Deswegen fuhren wir am 28.11. ohne auch nur ein Boulderfoto geschossen zu haben zurück in unser neues Lieblingsgebiet Albarracin und begaben uns damit auch auf die erste Etappe gen Heimat.

2 Kommentare:

  1. Sicher, dass ihr in Sintra gewesen seid ;-)

    http://bouldersintra.wordpress.com/

    VG obbi

    AntwortenLöschen
  2. Leider Obbi, waren wir wirklich in Sintra...
    Bilder und Videos sind halt doch immer anders als die Wirklichkeit, wir haben uns ja auch davon anlocken lassen, haben auch Sachen von den Bildern gesehen und geklettert, sind halt einfach nicht Weltklasse....

    AntwortenLöschen